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Fall 1: OA-Zweitpublikation einer im romanischsprachigen Ausland bereits erschienenen Veröffentlichung

Fallbeispiel:
Ein deutscher Romanist publiziert einen Text zuerst bei einem Verlag, der seinen Sitz im romanischen Ausland hat. Er will ihn anschließend in Deutschland im Open Access zweitveröffentlichen.
Im Folgenden legen wir für Sie dar, ob er das Recht zu einer Zweitveröffentlichung in Deutschland besitzt und welche Rolle dabei ein etwaiger Verlagsvertrag, das Zweitverwertungsrecht und das Übersetzen der Publikation spielen.


Zweitveröffentlichung in Deutschland

Wenn also ein deutscher Wissenschaftler zuerst in einem Land romanischer Sprache, Großbritannien oder den USA veröffentlicht, darf er nun in Deutschland eine Zweitveröffentlichungsmöglichkeit nutzen?

Völlig unproblematisch ist eine Zweitpublikation bspw. in einem deutschen UB-Repositorium, wenn die Erstpublikation im Open Access erfolgt ist, wenn er also die Nutzungsrechte jedermann eingeräumt hat. Wenn er aber einem ausländischen Verlag Rechte eingeräumt hat, gilt es diese zu beachten.


Verlagsvertrag

Der Wissenschaftler hat sein Werk in einem Verlag aus einem Land romanischer Sprache veröffentlicht und dementsprechend einen Verlagsvertrag, in dem er die entsprechenden Nutzungsrechte eingeräumt hat. Er möchte sein Werk nun im Open Access ein weiteres Mal veröffentlichen. Kann er das?

Fall a. Der Wissenschaftler hat dem Verlag die Nutzungsrechte nur für das entsprechende Land romanischer Sprache eingeräumt, nicht aber für Deutschland.

In diesem Fall kann der Wissenschaftler auch in Deutschland veröffentlichen. Es ist allerdings darauf zu achten, dass bei einer Veröffentlichung etwa im Internet das entsprechende Werk nicht doch auch grenzüberschreitend im entsprechenden Land romanischer Sprache nutzbar ist und dem Verlag somit die Geschäftsgrundlage entzogen wird. In diesem Fall müsste der deutsche Wissenschaftler die Konsequenzen tragen.

Fall b. Der Wissenschaftler hat dem Verlag die Nutzungsrechte räumlich auch für Deutschland, außerdem zeitlich und inhaltlich unbeschränkt und ausschließlich eingeräumt.

Der Wissenschaftler kann nicht ohne Zustimmung des Verlages auch in Deutschland veröffentlichen, es sei denn, er kann sich bereits auf das Zweitverwertungsrecht berufen. Der Verlag hält die Rechte an dem Werk auch für Deutschland. Der Wissenschaftler würde bei einer Veröffentlichung in Deutschland seine vertraglichen Pflichten verletzen. Der Verlag könnte ihn in der Konsequenz an dem vertraglich festgelegten Gerichtsstand, wohl meist in dem Land des Verlagssitzes, verklagen.

Fall c. Der Wissenschaftler hat dem ausländischen Verlag kein ausschließliches, sondern nur ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt.

In diesem Fall steht es dem Wissenschaftler frei, auch anderen Interessenten ein einfaches Nutzungsrecht einzuräumen, da ein einfaches Nutzungsrecht ein anderes einfaches Nutzungsrecht nicht ausschließt. Der Wissenschaftler kann in Deutschland sein Werk erneut veröffentlichen. Schwierig ist in dieser Lage einzig, im weiteren Verlauf ein ausschließliches Nutzungsrecht zu vergeben, weil das einfache Nutzungsrecht nicht ohne Weiteres zurückgenommen werden kann.

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Zweitverwertungsrecht (§ 38 Abs. 4 UrhG)

Der Wissenschaftler hat in einem Land romanischer Sprache in einem Verlag veröffentlicht und will nun das Zweitverwertungsrecht nutzen. Geht das?

Das Zweitverwertungsrecht (auch Zweitveröffentlichungsrecht genannt) ist an viele Voraussetzungen geknüpft. Wenn er diese Voraussetzungen erfüllt, steht ihm das Zweitverwertungsrecht zu. Dieses kann ihm sicher nicht genommen oder eingeschränkt werden, wenn er seine Erstveröffentlichung in Deutschland vornimmt, selbst wenn ausländisches Recht vereinbart wurde.

Findet die Erstveröffentlichung allerdings im Ausland statt, etwa sogar, um das Zweitverwertungsrecht zu vermeiden, ist nicht sicher, ob das Zweitverwertungsrecht oder das ausländische Vertragsstatut (der ausländische Vertrag, der das Zweitverwertungsrecht nicht will oder nicht kennt) gilt. Eine zwingende Anwendung sieht das Urheberrecht nicht vor. Nach Meinung vieler JuristInnen spricht einiges dafür, dass das Zweitverwertungsrecht auch dann zum Zug kommt, allerdings besteht hier keine Rechtssicherheit. Unverzichtbar ist es für den Autor daher, sich rückzuversichern, vor allem auch beim Verlag. Untersagt der Verlag eine Zweitverwertung, kann keine Zweitverwertung erfolgen.

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Übersetzung

Das Werk kommt bei einem Verlag eines romanischsprachigen Landes in der Landessprache zur Veröffentlichung und soll ein zweites Mal in Deutschland auf deutscher Sprache veröffentlicht werden.

Die Übersetzung eines Werkes kann als eine selbstständige Nutzungsart angesehen werden, woraus sich auch ein selbständiges Nutzungsrecht ableiten lässt, das Übersetzungsrecht.

Fall a. Der ausländische Verlag hat sich auch das ausschließliche und unbeschränkte Übersetzungsrecht für alle Sprachen einräumen lassen.

In diesem Fall ist eine Veröffentlichung auf Deutsch nicht rechtens.

Fall b. Der ausländische Verlag hat kein Übersetzungsrecht.

In diesem Fall hat der Urheber nicht nur die Möglichkeit, eine eigene Übersetzung anzufertigen oder anfertigen zu lassen, und die Übersetzung wäre ein eigenes, für sich selbst bereits schutzfähiges Werk. Er hat auch die Möglichkeit, jedem anderen die Übersetzung zu verbieten, da eine Übersetzung eine Bearbeitung des Originals ist, der der Urheber zustimmen muss. Diese Rechte muss er notfalls per Gerichtsurteil durchsetzen.